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Samstag, 21. September 2013

Sich selbst erfinden!

Unlocking our inner creative spirit?
Sind Menschen in kooperativen Kulturen durchschnittlich "gesünder" als in kompetitiven?
Sind Menschen, die in Frieden zusammen leben gesünder? 
Sind deren Bildungschancen besser?

Paul Parin, Fritz Morgenthaler, Goldy Parin-Matthey veröffentlichten ihre Studien zur seelischen Gesundheit in dem Buch
<Fürchte deinen Nächsten wie dich selbst>

Schon zu Beginn des Buches wird auf den Kaffee hingewiesen.





Sentimento con Aroma de Café
Foto: Dr. Anne Zehentbauer  Creative Commons Lizenzvertraghttp://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/






Kaffee und Zwänge bei den Agnis
Was hat Kaffee nun mit den hierarchischen Strukturen bei den Agni zu tun?

Es wird berichtet, dass die Agni im Regenwald wohnen.
Die Agni stellen Kaffee und Kakao für den Weltmarkt her.
Sie brauchen Arbeiter aus ärmeren Regionen.
Die Agni sind nicht autark.
 "..die Agni erreichen alle sozialen Leistungen fast ausschließlich durch Zwang, Furcht und Strafe."
In Bébou höre man Kinder "andauernd" verzweifelt weinen und alle seien „potentielle Nit-ku-bons“ (1, S. 569).
Nit-ku-bon-Kinder (1, S. 568) zeigen Symptome, die R. A. Spitz (4) bei schwer frustrierten Kleinkindern feststellte. Solchen emotionalen Entbehrungen ausgesetzte Kinder laufen - lt. R.A. Spitz - Gefahr, daran zu sterben oder in ihrer Entwicklung zurückzubleiben.

Kinder gelten beim Volk der Agni als Besitz. Vor allem die Schönheit eines Kindes gilt in der frühen Kindheitsphase als Wert. Mit Schönheit gelingt es, etwas emotionelle Zuwendung von Erwachsenen zu erhalten. Zärtliche Berührung wird vermieden. Die Angst vor analen Einläufen prägt die Entwicklung.

Kreativität?
Kreativität beim Tanz?
Die 'anale Angstlust vor den in der Kindheit erlittenen scharfen Einläufen (Quelle 1, S. 534)' spiegelt sich in der Tanzgestaltung wider. Kleinschrittig, trippelnd, mit vorgebeugtem Oberkörper und nach hinten gekipptem Becken vollführen Männer und Frauen rhythmisch ihren Tanz.

Wohin treibt die kreative Entladung bei dieser Vorgeschichte der Agnis?
Es geschieht eine Regression von der analen zur oralen Phase. "Die Freude am guten Essen ......bleibt allgemein erhalten und wird zu einer hochdifferenzierten Kochkunst und Feinschmeckerei." (Quelle 1, S. 534). Es wird also versucht, den erlittenen analen Schaden mit derartiger Kreativität – mit Kochen und Essenszeremonie - zu überwinden.

Hirseanbau und Frieden bei den Dogons
Die Dogon hingegen leben friedlich in der trockenen Steppe. Sie exportieren wenig und sind wirtschaftlich autark.
Die Dogon üben weder als politisches noch als pädagogisches Mittel Zwang aus (Quellenangabe 1, S. 14,15). Man hört nie Kinder verzweifelt weinen. Auf diese Weise bleibt Platz für Selbstentfaltung bei Kreativität.
So ganz kann ich diese beschriebene Idylle allerdings nicht nachempfinden, wenn ich dann bei Wikipedia (2) lese, dass die Frauen teils beschnitten werden. Da erwarte ich eher einen #Aufschrei. "Wie bei vielen afrikanischen Stämmen ist auch bei den Dogon die Beschneidung der Frauen ein verbreiteter Brauch" (2).
Mehr über die Dogos lässt sich in dem Buch "Die Weißen denken zu viel" (Link 14) finden.

Zwänge überall?
Liebe LeserInnen, diese Thematik ist weitreichend.
Verhaltensweisen wie bei den Agnis oder Dogos gibt es in abgewandelter Form in jeder anderen Kultur auch. Die dabei verfolgten Strategien sind häufig erst auf den zweiten Blick zu erkennen.
Es gibt in jeder Region der Erde einerseits Anlass zum#Aufschrei und andererseits wird Halt in einem geteilten kulturellen Gedächtnis gesucht. Was sich daraus entwickelt ist vielfältig und kann Sicherheit geben, aber nicht unbedingt Freiheit.
Zwang erzeugt Stress ohne Ende und macht krank. Das wird zur Genüge mit Studien belegt.

Kreativität als ‚Heilmittel’?
Kompetitiver Wettbewerb, wenn er nicht zur Leistungsüberforderung ausartet, erzeugt hingegen Eustress (= positiver Stress, Link 8).

Eustress geschieht in einem spielerischen Akt – zum Beispiel auch bei der Off- oder Online-Kommunikation und führt teils zu Gemeinsinn beim Kräftemessen, allerdings nicht immer.

- Eustress aktiviert und reguliert in positiver Weise psychische und physische Mechanismen im Menschen.
- Eustress führt nicht unbedingt zur Heilung, aber zur Linderung von seelischen Belastungen bei Kreativen ( 13).
Mittels Kreativität entlädt sich Inneres nach außen. Der Seelenmüll wird ausagiert und transformiert.

Kreativität als Prophylaxe gegen seelischen Schaden?
Interessant ist, dass laut einer Studie (13) die Verwandten von Kreativen kreativ sind.
Da treibt vielleicht prophylaktisch - zum Schutz vor einer psychischen Erkrankung, z. B. vor einer bipolaren Störung, - etwas innerlich zur Kreativität. "But even more intriguingly, the relatives of patients with neuropsychiatric disorders also tended to be more creative. Even though they don't share the illness, they have much in common genetically, suggesting that it is the underlying gene mechanisms, rather than the disorder itself, that is the source of the creative ability.” (13)

Kreativität online?

Wann es Kreativität bei Online-Kommunikation und Online-Lernen in nächster Zeit für die Agnis und die Dogos geben wird und in allen Regionen dieser Erde, das bleibt dahingestellt. Bei den Agnis und Dogos geht es mehr um die Offline-Grundversorgung mit Lehrmitteln.

Überhaupt – so wird in der Studie berichtet - taten sich insgesamt viele afrikanische Schulkinder schwer oder es war ihnen nicht möglich, klare Gedanken mündlich exakt auszudrücken. Schriftlich waren diese Kinder sehr wohl dazu fähig.
Das wird in der Studie darauf zurückgeführt,
".... dass sie in der Schule immer gezwungen sind, vor einer Respektsperson, dem Lehrer, und in der Öffentlichkeit, vor den Mitschülern, zu reden." (Quelle 1, S. 570)
"Doch hatten junge Männer, die nicht in der Schule gewesen waren, genau die gleichen Schwierigkeiten, den Schritt ins Erwerbsleben zu tun; es wurden nur andere Gründe angeführt.“
(Quelle 1, S. 569 zu Agnis)


Unschärfe in der kreativen Online-Welt
Bei uns hier hingegen herrscht eine Unschärfe bezüglich der Möglichkeiten zum kreativ eigengestalterischen Offline- und Online-Lernen, tönt es seit geraumer Zeit aus allen Ecken.

Digitale Lerneinheiten sind noch unausgereift und ähneln Perceptionstests (siehe Link 10).

Viel läuft zum gegenseitigen Haltgeben zwischen Lernern und Lehrenden hinter der Bühne - off- und online- und gleichzeitig vernetzt auf vielen Kanälen ab.

Wird es zu einer Symmetrie von On- und Offline-Lernen kommen?
Ich erlebe es in der Praxis eher so, dass das Schwergewicht auf Offline liegt.

Online-Kurse sind nicht der neue Schwerpunkt beim Lernen.  Sie dienen eher zum Üben und Stützen und ermöglichen es dem Lehrer, bestimmte Themen ans Internet zu delegieren und das ist gut so. Ich erlebte es beim coursera zum programmed cell death an der Fakultät für Biologie der LMU München. (Link 12: http://psychopathologisch.blogspot.de/2013/08/lernen-lernen-coursera-online-kurs-zum.html)

Diese Online-Kurse schaffen neue Freiräume für den Lehrer. Mehr Zeit für die Forschung bleibt und mehr Zeit für Praktika und persönlichen Kontakt.
Es wird in Zukunft Sozialpädagogen, Psychoanalytiker, Ärzte und noch viele andere Wissensarbeiter geben, die offline präsent sind, aber online zwischendurch aufkommende Fragen beantworten.

So ein On- und Offline-Arbeiter wurde ich selbst inzwischen. Da bleibt plötzlich viel Kapazität übrig für die Fragenden und für neue Ideen.

Und wie steht es mit der Gehirnkapazität?

1. Die Aufnahmeschnelligkeit von Lerninhalten nimmt mit dem Alter - vorwiegend wohl wegen mehr Lernerfahrung - zu. Das Motto lautet: "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans erst recht!"

2. Die Kapazität für die Aufnahme von Lerninhalten und für Speicherung im Langzeitgedächtnis ist aufgrund der Assoziationsfähigkeit über Synapsen usw. unbegrenzt.

Ist das jetzt ein Glück oder Unglück? Es bleibt zu hoffen, dass niemand psychodelisch (10) wird bei zuviel Digitalisierung und Chunkeinheiten.

Zum Glück besitzt der Mensch so etwas wie einen Wissenspapierkorb. Er nimmt bestimmte Dinge unbewusst war und verwirft oder legt das Gelesene unverdaut zur Ablage.

Was ist einem Menschen bei der Informationsaufnahme wichtig?

40% der Wahrnehmung erfolgen über ein Bild mit Farbe. Dabei ist manches Bild lediglich eine Metapher bzw. ein Beiwerk ohne vorausgehenden kunstvollen Prozess.

Der Autor versucht, mittels Sprache eine dem Anwender gemäße Kommunikationsform  zu entwickeln. Er hofft, in einer dem User verständlichen Sprache einen Lehrinhalt zu vermitteln. Ein mühevoller Prozess ist die digitale Vermittlung von Lehrstoff in internetgerechter Sprache heute noch.

Bei Social Media zu kommunizieren will gelernt sein. Dieses Lernen beginnt im digitalen Zeitalter mit Fehlern und Kanten und führt hoffentlich nicht gleich zu einem blauen Auge oder schlimmeren Ereignissen (siehe Pynchon: „Bleeding Edges“, Link 11).

Mit Satire klappt so eine digitale Kommunikation allerdings einigermaßen - vorausgesetzt, dass das Gegenüber satirebewandert ist.

Liebe LeserInnen,
die eingangs gestellten Fragen kann ich nicht zufriedenstellend beantworten. Wir brauchen mehr Studien hierzu.

- "Sind nun Menschen in kooperativen Kulturen durchschnittlich gesünder als in kompetitiven?"
Wieviel Kompetition und Leistung einem Menschen bekömmlich ist, das muss er im Selbstversuch entscheiden. Studien hierzu wären ebenfalls interessant.

- "Sind Menschen, die in Frieden zusammen leben gesünder?"
Gesundheit hängt von vielen Faktoren ab. Deshalb wären zur Beantwortung vielfältige Studien nötig.
In Kriegszeiten z. B. gab es mehr Zusammenhalt. Jeder wurde gebraucht. Die seelischen und körperlichen Zusammenbrüche erfolgten oftmals erst als alles vorbei war.
Andererseits sehen wir täglich das Ergebnis von Unfrieden und Chaos, nämlich die psychischen und psychosomatischen Krankheiten.

- "Sind deren Bildungschancen besser?"
Der Mensch braucht wieder mehr Langeweile, damit er seine Bildung selbst erfinden kann.


In dieser erstaunlichen digitalen Welt müssen wir uns außerdem selbst täglich neu erfinden, um seelisch und geistig gesund zu bleiben
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#Psychoanalyse #E_learning #digitale_Bildung #health  #peace #Kreativität 
#anale_Phase #orale_Phase  
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Quelle:
(1) Paul Parin, Fritz Morgenthaler, Goldy Parin-Matthey:Fürchte deinen Nächsten wie dich selbst.Psychoanalyse und Gesellschaft am Modell der Agni in Westafrika, Suhrkamp Taschenbuch/Wissenschaft, erste Auflage 1978, ISBN 3-518-07835-6<1600>
(2) Dogon
(3) 11. Prosoziales Verhalten / 11.1. Warum helfen wir? - Drei grundlegende Theorien /12.4. Aggression und die Medien
(4) R. A. Spitz: Vom Säugling zum Kleinkind; Klett, Stuttgart (1965) 1967
(5) Qualität der Betreuung von Kindern
(6) Soziale Ordnung garantiert sich fortlaufend selbst
(6) http://www.exc16.de/cms/3651.html?&L=ebvmigboftjc
(7) Identität / Identitätskulturen
(8) Stress / Eustress
(9) Burnout
(10) Look but don't go into a psychedelic trance /Schau genau/#caturday
(11) Evgeny Morozovs Buchbesprechung zu Pynchons: Bleeding Edge
(14) Parin, P.; Morgenthaler, F.; Prin-Matthey, Goldy:<Die Weißen denken zu viel. Psychoanalytische Untersuchungen bei den Dogon in Westafrika.>Atlantis, Zürich (1963)

Französisch: <Les blancs pensant trop> Paris, 1966

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